Berlin/Warschau/Tallinn/Riga/Vilnius,
Ist das Baltikum wirklich das neue Zentrum für Innovation und Technologie? Diese Frage war eine von vielen, die auf einer internationalen Online-Konferenz diskutiert wurden, auf der Vertreter von fünf Staaten des Ostseeraumes - Litauen, Lettland, Estland, Polen und Deutschland - über die Veränderungen der politischen, wirtschaftlichen und geschäftlichen Landschaften sowie über Strategien für den Wandel und das Krisenmanagement diskutierten. Renommierte Experten aus unterschiedlichen Bereichen wie Politik, Diplomatie, Wirtschaft, Technologie und Innovation sowie Beratungsagenturen kamen gemeinsam zu dem Schluss, dass die Pandemie erhebliche Auswirkungen auf die Zukunft der Region haben wird. Die Überlegungen lassen sich folgendermaßen zusammenfassen als: „Die Dinge werden nie wieder so sein, wie sie waren. Deshalb müssen wir in der Region noch stärker zusammenarbeiten, um bestmögliche Ergebnisse für Volkswirtschaften und Gesellschaften zu erzielen.“
Der strategische Dialog zeigte, dass sich die Fortschritte in der Digitalisierung durch die Pandemie und die EU-Initiative „Green Deal“ um fünf bis zehn Jahre beschleunigt haben, aber auch neue Herausforderungen mit sich bringen. Daher wurde die Notwendigkeit einer Ausrichtung auf strategische Transformationen erörtert, in deren Zentrum eine regionsweite Zusammenarbeit und Change-Management-Strategien für alle Lebensbereiche stehen.
Der Fortschritt in der Region wird durch den Wettbewerb gebremst
Der Honorarkonsul der Republik Litauen in Hamburg, Dr. Dietmar O. Reich, stellte fest, dass die baltischen Staaten oft als "Mekka" für Innovationen in der Welt bezeichnet werden. Internationale Investoren werden von dem Laser- und Technologiesektor der Region angezogen, ebenso wie von den guten Bedingungen für Start-Ups, die dort existieren sowie der Entwicklung von KI und Innovationen. Der interne Wettbewerb begrenzt jedoch den Fortschritt für die gesamte Region. Die Geschäftsführerin der ADMIS Consultancy, Vaiva Adomaityte, erklärte dazu: „Wenn die gesamte Ostseeregion zusammenarbeitet, um ihre strategischen Investitionsmanagement-Funktionen und den internationalen Handel zu zentralisieren sowie wirtschaftliche Entwicklungsprojekte zu rationalisieren, könnte sie ein sehr starker unabhängiger Wirtschaftsblock werden.“
Nach Auffassung des Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses im Parlament der Republik Lettland, Rihards Kols, sind Projekte wie das GovTech Lab in Litauen, die e-Residency in Estland und das e-Parlamentsmodell in Lettland, das im Mai 2020 in Betrieb genommen wurde, nur einige Beispiele dafür, wie ein in einem Land geschaffenes Modell erfolgreich in ein anderes Land übertragen und implementiert werden kann, wodurch eine größere Angleichung und gegenseitiger Fortschritt erreicht wird. Die Pandemie hat gezeigt, dass es zunehmend notwendig ist, Partnerschaften zu diversifizieren, um mehr Möglichkeiten zu schaffen und widerstandsfähigere Modelle aufzubauen. Die Diskussionen auf der Konferenz suchten daher nach Wegen zur Verbesserung der Kooperationsmechanismen innerhalb des Ostseeraums und der EU im weiteren Sinne sowie mit anderen Ländern weltweit, einschließlich in Asien und Afrika. Gleichzeitig bleiben die Beziehungen zum benachbarten Russland aufgrund politischer Spannungen kompliziert und erlauben derzeit nicht den Aufbau stabiler Partnerschaften, obwohl diese langfristig wechselseitige Vorteile bringen könnten.
Es ist notwendig, die Governance-Modelle zu reformieren
In Zeiten seismischer Veränderungen können wichtige politische Entscheidungen nur umgesetzt werden, wenn sie von der Gesellschaft akzeptiert werden. Alexander Kulitz, Mitglied im Auswärtigen Ausschuss des Deutschen Bundestages, bemerkte in seiner Rede über die Bereitschaft Deutschlands, sich den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu stellen: „Es ist wichtig, die Wirtschaft atmen zu lassen, damit sie wachsen kann.“ Kulitz mahnte die Bedeutung der Digitalisierung in der Steuerung der Länder und in der Gesamtstrategie für den Ostseeraum an.
Ergebnis der Konferenz: 500 Expertenempfehlungen
Ziel der Forschungsstudie des vom BWA initiierten internationalen Ostseedialogs und der Beantwortung von Fragen durch 500 Experten aus Litauen, Lettland, Estland, Deutschland und Polen ist es, einen Bericht zu erstellen, der Strategien und Empfehlungen für Entscheidungsträger aus Wirtschaft und Politik zur aktuellen Situation enthält, Schlüsselprioritäten für die internationale Zusammenarbeit vorschlägt und eine gemeinsame Wirtschaftsstrategie für die Ostseeländer skizziert. „Das Potenzial des Ostseeraums wird in den strategischen Wirtschaftsförderungsplänen Deutschlands schon seit Längerem erwähnt und es sollte nun in erster Linie darum gehen, die geopolitischen Beziehungen zu stärken, damit eine engere Zusammenarbeit mit konkreten Perspektiven für die Unternehmen der beteiligten Länder entsteht“, resümiert der Vorstandsvorsitzende des BWA, Michael Schumann.
Die Vorträge sind auf dem YouTube-Kanal der ADMIS Consultancy verfügbar: Admis Consultancy - YouTube.