BWA im Gespräch mit Jochem Freyer, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit in Frankfurt (Oder)

Frankfurt (Oder),

Im Interview mit dem Geschäftsführer der Agentur für Arbeit in Frankfurt an der Oder, Jochem Freyer, spricht BWA-Senatorin Angela Falk als Leiterin der Bundesfachkommission für Fachkräfteentwicklung und -förderung des Verbandes über die Perspektiven, die sich durch die Ansiedlung des Tesla-Standortes in Grünheide ergeben.

 

Angela Falk:

Vielen Dank, dass Sie dem BWA die Möglichkeit geben, unsere Mitglieder über die Rolle der Bundesagentur für Arbeit und der Neuansiedlung der Firma Tesla in Ostbrandenburg zu informieren. Automotive in Berlin-Brandenburg hört sich als ein guter Slogan an. Was genau steckt dahinter?

Jochem Freyer:

Mehrere Brandenburger und Berliner Arbeitsagenturen und Jobcenter haben unter der Federführung der AA Frankfurt (Oder) gemeinsam das „Team Automotive“ gegründet.

Es hat im Herbst 2020 die Arbeit aufgenommen und ist Ansprechpartner für Tesla und weitere Unternehmen des Automobilsektors bei allen Fragen rund um den Arbeitsmarkt, die Personalsuche und -gewinnung. Wir möchten möglichst vielen Arbeitslosen und Arbeitssuchenden aus Brandenburg und Berlin hier eine zukunftsträchtige Jobperspektive eröffnen. Dazu informieren wir arbeitssuchende Bewerber über die Rahmenbedingungen, den Anforderungen und das Bewerbungsverfahren. Federführend ist die Agentur für Arbeit Frankfurt (Oder). Bis zum Sommer 2022 gehen wir derzeit davon aus, dass 8.000 bis 9.000 neue Arbeitsplätze entstehen werden.

Angela Falk:

Die Wiedervereinigung Deutschlands geht nun schon in das dritte Jahrzehnt. Wie würden Sie den ostbrandenburgischen Arbeitsmarkt im Jahre 2021 beschreiben?

Jochem Freyer:

In Ostbrandenburg gehört über ein Viertel der Beschäftigten zur Altersgruppe 55+.

Unser Team haben wir bewusst nicht für Tesla, sondern für alle Unternehmen aus dem Automotive Sektor in Berlin und Brandenburg konzipiert. Wir denken in zukünftigen größeren Relationen und Vernetzungen. Auch hinzu den kleinen und mittelständischen Unternehmen, denen wir eine vielfältige Beratung anbieten, wie sie mit den zu erwartenden Altersabgängen umgehen können. Zweifellos wird es eine große Herausforderung bleiben. Die demographische Entwicklung und ihre Folgen sind langer Zeit bekannt. Wir sehen aber vor allem jetzt die Chancen durch die Ansiedlung eines so großen Technologieunternehmens wie Tesla. Davon können auch die kleinen und mittelständischen Unternehmen in unserer Region profitieren. Deshalb kümmern wir uns als Automotive neben Tesla und den bereits in der Region vorhandenen kleinen und mittelständischen Unternehmen auch um die Personalbedarfe weiterer ansiedlungsfreudiger Zulieferer- und Dienstleistungsbetriebe.

Angela Falk:

Das ist ein sehr ganzheitlicher Ansatz in Bezug auf die Betrachtung des gegenwärtigen und zukünftigen Arbeitsmarktes in der Region und eine große Herausforderung für die nächsten Jahre. Welche Angebote bieten Sie derzeit konkret an?

Jochem Freyer:

Grundsätzlich wollen wir unsere Beratungs- und Förderangebote in den kommenden Jahren noch deutlich ausbauen. Wir sprechen mögliche geeignete und interessierte Arbeitslose und Arbeitsuchende in den Arbeitsagenturen und Jobcentern in Berlin und Brandenburg an. Qualifizierungen sollen helfen, sich auf die neuen Jobs vorzubereiten.

Derzeit konzentrieren wir uns auf die Stellen im Produktionsbereich, der Lagerhaltung, der Logistik sowie  für die ersten Zulieferer, die sich bei uns gemeldet haben.

An dieser Stelle ist mir wichtig folgendes zu betonen: Tesla will auch Quereinsteigern eine Chance bieten und damit erhoffen wir uns, dass sich für viele Arbeitslose wieder die Tür in den Arbeitsmarkt öffnet, die bisher verschlossen schien. Darin liegt eine große Chance und wir setzen auf die mentale Unterstützung und fachliche Qualifizierung, um diese Menschen zu fördern. Darüber hinaus bietet Tesla auch Löhne, die über dem durchschnittlichen Entgelt in Brandenburg für die entsprechenden Berufe liegen.

Durch den begleitenden Ausbau der Infrastruktur und durch erhebliche Kaufkraftzuwächse,  schließt sich der Wirkungskreis. Die Region wird insgesamt profitieren und ihren Abstand zu den „westdeutschen Boom- Regionen“ verringern.

Angela Falk:

Wie würden Sie den jetzigen Ergebnisstand ihrer gemeinsamen Arbeit im  Team – Automotive zusammenfassen?

Jochem Freyer:

Corona - bedingt ist die Vermittlung in der letzten Zeit schwieriger geworden. Auch wir verzichten derzeit auf Gruppeninformationen unserer Kunden und direkte persönliche Gespräche mit den Bewerbern. Das ersetzt nicht das persönliche Gespräch. Ist dies wieder möglich,  wird es sicher unsere Vermittlung noch erfolgreicher machen.

In der Online-Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit sind unter den Suchbegriffen „Tesla“ und „Grünheide/Mark“ aktuell 50 Jobprofile abrufbar, über die direkt eine Bewerbung bei Tesla möglich ist. Der Bewerbungs- und Auswahlprozess selbst liegt bei Tesla. Es ist vorgesehen, dass wir an einzelnen Auswahl-Terminen begleitend teilnehmen.

Angela Falk:

Ich möchte mich bei Ihnen für das Gespräch bedanken und wünsche Ihnen vor allem auch im Interesse der Menschen in der Region Ostbrandenburg, denen sich die Arbeitswelt nach langer Zeit wieder mit Angeboten zuwendet, viel Erfolg.

Gleichzeitig teile ich Ihre Freude, wenn durch die Ansiedlung von Tesla auch qualifizierte Fachkräfte zuziehen oder frühere Brandenburger oder Brandenburgerinnen in ihre alte Heimat zurückkehren. Auch dies wäre ein gutes Zeichen nach 30 Jahren Wiedervereinigung.

Jochem Freyer, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit in Frankfurt (Oder)
Jochem Freyer, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit in Frankfurt (Oder)