"Es braucht eine Plattform für den offenen, interdisziplinären Austausch!"

Köln,

RuschitzkaProf. Dr. rer. nat. Margot Ruschitzka lehrt seit 1997 Mathematik und Datenverarbeitung im Fachbereich Fahrzeugsysteme und Produktion an der Fachhochschule Köln. Als Sprecherin des Cologne Competence Clusters Virtual Reality CCC-VR, Botschafterin der Stadt Köln und Vorsitzende der Kölner Wissenschaftsrunde engagiert sie sich seit Jahren für den heimischen Standort.

Jetzt wurde die Mathematikerin, die im Bereich Werkzeugmaschinenbau promoviert hat, zur Präsidentin des Internationalen Wirtschaftsclubs Metropolregion Köln gewählt. Im Interview erklärt sie, wie Wirtschaft und Wissenschaft besser vernetzt werden können und was sie sich sonst noch für ihr neues Amt im BWA vorgenommen hat.

 

Frau Prof. Ruschitzka, herzlichen Glückwunsch zu Ihrem neuen Amt! Welche Ziele haben Sie sich für Ihre Arbeit im BWA gesetzt?

Ruschitzka: Als Motto möchte ich meiner Arbeit das Fördern und Fordern des Nachwuchses in unserer Wirtschaft voranstellen. Gerade in DAX-notierten Unternehmen brauchen wir gut qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Insbesondere die Frauen dürfen wir da nicht vergessen. Es fehlt vielen Unternehmen an Experten, die sich bewährt haben und Fachkompetenz mitbringen. Da sollten wir uns mal in der Wissenschaft umschauen. Ich möchte mit dem Wirtschaftsclub Metropolregion Köln Wege ebnen, damit die guten Leute in Zukunft noch leichter zu den guten Unternehmen finden.

Sie engagieren sich schon länger auf diesem Gebiet, unter anderem als Vorsitzende der Kölner Wissenschaftsrunde. Welche Erfahrungen haben Sie da gemacht?

Ruschitzka: Köln weist eine fast einmalige Dichte erstklassiger Hochschulen und Forschungseinrichtungen auf. Wir müssen diese Potenziale aber noch besser miteinander verbinden und den Kontakt zwischen Wissenschaft und Wirtschaft intensivieren. Wenn uns das gelingt, wird die Region Köln im nationalen und internationalen Innovations- und Standortwettbewerb gut abschneiden, da bin ich sicher.

 Das ist aber mit einigen Herausforderungen verbunden. Die Wissenschaftsrunde ist ein rein wissenschaftlicher Zusammenschluss. Auf Seiten der Wirtschaft gibt es zwar einige Branchenverbände in Köln, in denen spielt aber der Austausch mit der Wissenschaft keine große Rolle. Es gibt also keine Initiative, die gerade diese Zusammenarbeit forciert. Das ist ein Ansatz, mit dem unser Wirtschaftsclub weitgehend allein dasteht, der aber auch bundesweit von Interesse sein könnte. Die Herausforderung, geeignete hochqualifizierte Nachwuchskräfte für die Wirtschaft zu identifizieren, stellt sich ja überall in dem gleichen Maße.

Köln Hohenzollernbrücke
Netzwerk zwischen Wirtschaft und Wissenschaft spannen: Der Internationale Wirtschaftsclub Metropolregion Köln im BWA

 

Warum gibt es so wenig Austausch?

Ruschitzka: Es gibt einige, die von sich aus den Weg in die Wirtschaft bzw. umgekehrt in die Wissenschaft gehen. Das sind aber noch zu wenige. Es mangelt an Gelegenheiten, sich auf einer Ebene zu treffen. Viele Wissenschaftler sind international bestens aufgestellt, haben aber vor Ort weniger Anbindung. Man muss auf die Leute zugehen, sie ansprechen. Es braucht eine Plattform für den offenen, interdisziplinären Austausch. Unser Club bietet da meines Erachtens eine gute Mischung. Wir entwickeln gerade ein Veranstaltungskonzept für die nächsten Monate. Klar ist, dass wir mehr wollen als die bloße Berieselung: Wir möchten einen Rahmen schaffen, in dem sich Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft treffen und langfristig Verbindungen knüpfen können. Und wenn es uns dabei gelingt, Vorstände von Großunternehmen nach Köln zu locken und mit Top-Wissenschaftlern aus der Region zusammenzubringen, dann möchte ich darauf wetten, dass sich der ein oder andere Beteiligte später in einem Beirat oder einem Aufsichtsrat wiederfindet. Dieses Konzept wird auch in anderen Regionen Früchte tragen.

Wie können kleinere und mittelständische Unternehmen vom wissenschaftlichen Potential der Stadt profitieren?

Ruschitzka: Das ist richtig schwierig. Zunächst müssen Sie nämlich herausfinden, welcher Ansprechpartner auf Hochschulseite der richtige ist. Es gibt das Bemühen, ein Kölner Wissenschaftsprofil zu zeichnen. Die Größe und Themenvielfalt der Hochschule macht das aber sehr schwierig. Um diese Navigation bemühen sich deshalb verschiedene Einrichtungen. Und wenn Sie dann Ihren zuständigen Gesprächspartner identifiziert haben, heißt das noch lange nicht, dass auch die „Chemie“ zwischen beiden Gesprächspartnern stimmt, dass also auch ein wissenschaftliches Interesse an dem konkreten Projekt des Unternehmens vorhanden ist. Das ist oft der Punkt, an dem mittelständische Unternehmen ihre Suche abbrechen. Es ist oft dem Zufall überlassen, ob so eine Zusammenarbeit klappt. Deshalb ist es so wichtig, schon im Vorfeld Gelegenheiten zu organisieren, bei dem sich beide Seiten kennen lernen können. Da kommt wieder der Netzwerkgedanke ins Spiel.

Frau Prof. Ruschitzka, vielen Dank für das Interview.