Die EXPO Shanghai zeigt neueste Trends der Solarenergie. Welche Chancen haben deutsche Unternehmen auf diesem Markt? Eine Analyse von BWA-Außenwirtschaftsberaterin Dr. Barbara Geldermann
Berlin,
Das Jahrtausend der Städte, wie es der ehemalige UN Generalsekretär Kofi Annan genannt hat, ist angebrochen. Schon jetzt lebt mehr als die Hälfte der Menschheit in Städten. 2050 wird es bereits zwei Drittel sein. China geht dem weltweiten Trend voraus. Nach einer kürzlich veröffentlichten Studie des Ministry of Housing and Urban-Rural Development (MOHURD) lebt bis zum Jahr 2015 die Hälfte der chinesischen Bevölkerung in Städten. Nach dieser Studie lebten im Jahr 2009 in Städten schon 622 Millionen (46,6 Prozent), das sind 45 Millionen Menschen mehr als es noch 2006 waren. Deshalb ist das Motto der EXPO 2010 „Better City, Better Life“ gut gewählt.
Wie sieht es mit der Stadt der Zukunft im Schwellenland China aus? Das Gastgeberland, das immer wieder für Schlagzeilen in Sachen Umweltkatastrophen sorgt, zeigt auch Bemühungen, dass es anders geht. Auf der EXPO finden sich an vielen Pavillons Solardächer und Solarwände. Die Besucherfahrzeuge sind solar-betrieben, die Wege werden von Solarlampen beleuchtet, es gibt Solarfontänen und Skulpturen beidseitig des Huangpu-Flusses. Es gibt auch schon Beispiele für umweltbewusstes Wohnen vor der EXPO 2010 in China. Nach Jahren wirtschaftlichen Aufschwungs ohne Rücksichtnahme auf Mensch und Natur, gibt es Städte, die schon seit ein paar Jahren von einer neuen „grünen“ Bewegung profitieren. Ein Beispiel ist die ostchinesische Stadt Rizhao. Rizhao ist die „Solarstadt“ des Riesenreiches, Modellstadt in Hygienestandards und beim Wassersparen. Sie hat auch den chinesischen Umweltpreis für „Umweltgerechtes Wohnen“ erhalten. Vor 20 Jahren unterschied sich die Stadt nicht von anderen mittelgroßen chinesischen Städten, sie war arm und Energie war teuer. Die Menschen von Rizhao erkannten aber schon früh die Chancen der Solarenergie, denn die Stadt hat durchschnittlich 330 Sonnentage im Jahr. Die ersten Stadtbewohner begannen mit Hilfe von Solarenergie ihre Suppe zu kochen, heute versorgt die Sonne die ganze Stadt mit Energie. Die gepflegte Stadt hat breite saubere Straßen, die mit Bäumen begrünt sind, es gibt Spielplätze und moderne Appartementhäuser. Oben auf den Dächern der Häuser sind dezent Solarzellen eingebaut. Die Technik für die Solarzellen wird in Rizhao produziert und mittlerweile in alle Welt exportiert. Die Entwicklung der Solarenergie wird in China extrem vorangetrieben, 5 der 15 PV (Photovoltaik) Modulproduzenten kommen aus China. Von staatlicher Seite wird diese Entwicklung weiter gefördert. 2009 wurde vom Ministerium für Finanzen gemeinsam mit dem Ministerium für Wohnbau und Stadt-Land-Entwicklung das „Solar Roof Program“ für die Finanzierung von Building Integrated Photovoltaics (BIPV) ins Leben gerufen. Bis 2012 sieht der „Plan zur Entwicklung alternativer Energie“, den die nationale Energiebehörde veröffentlichte, eine Steigerung der Solarenergiekapazität von 1,8 Mio. kW auf 10 Mio. kW vor.
Auch in Deutschland boomt die Solarenergie, der Markt liegt bei knapp vier Gigawatt, das entspricht der produzierten Energie von drei Kohlekraftwerken. Nach neusten Schätzungen könnten sich diese Leistungen auf rund 8,9 Gigawatt verdoppeln. Doch verdient nicht die deutsche Solarbranche an diesem Boom, bei Solarzellen liegt der Weltmarktanteil zur Zeit bei 15 Prozent, der chinesische bewegt sich bei 38 Prozent. Selbst der größte deutsche Hersteller Q-Cells rutschte 2009 von Platz eins auf Platz vier der Top-Ten. Vier Plätze der Top-Ten gehen nach China. Yingli verbuchte im ersten Quartal einen Gewinn von 36 Millionen Dollar. Für jeden Dollar Umsatz verbucht das Unternehmen 33 US-Cent Bruttogewinn. Trina Solar schaffte 31 Cent, Suntech etwa 20 Cent, das sind sehr hohe Renditen, die es den Firmen ermöglichen, weiter kräftig in Technik und Wachstum zu investieren. Deshalb können chinesische Unternehmen auch weiterhin die Preise leicht senken.
Ein großer Teil des Massenmarkts ist den deutschen Anbietern dadurch verloren gegangen. Die Branche muss sich in anderen Bereichen betätigen. Q-Cells setzt auf die Installation von Solarkraftwerke an günstigen Produktionsstandorten in Asien. Damit zeichnet sich ein Trend ab, auch Schott Solar hat mittlerweile angekündigt, dort in neue Fabriken zu investieren. Sich eine Nische zu suchen oder nach Asien abzuwandern scheint die Lösung zu sein. Doch bleibt dann die Frage, warum in Deutschland die Solarindustrie so hoch subventioniert wird, wenn das Geschäft in Asien gemacht wird!
Die Autorin:
Dr. Barbara Geldermann Sinologin, Beraterin, Trainerin Trainerin für interkulturelle Kommunikation mit langjähriger Erfahrung in China durch Forschung und freiberufliche Tätigkeiten. Die promovierte Sinologin berät Unternehmen und Institutionen bei ihren Geschäftsbeziehungen zu China. Zahlreiche Publikationen und Vortragsreihen an Universitäten und Bildungseinrichtungen. Darüber hinaus hat sie sich über Projekte Kompetenzen im Bereich „Green Lifestyle“ aufgebaut.